IOL Berechnung nach HAIGIS

Die Berechnung nach HAIGIS beruht - ebenso wie alle anderen populären theoretischen Formeln - auf der elementaren IOL-Formel für dünne Linsen [vgl. hierzu z.B. HAIGIS 1991, 1996], die im deutschen Sprachraum schon 1970 von GERNET, OSTHOLT und WERNER angegeben wurde (heute auch als GOW70-Formel bezeichnet [GERNET, 1998]):

                       n          n 
                DL = -----  -  -------                          (1)
                     L - d     n/z - d                          
                                                               
                       ref                       nC - 1        
     mit  z = DC + -----------     und     DC =  ------        
                   1 - ref dBC                      RC

D : IOL-Brechkraft
DC : Hornhaut-Brechkraft
RC : Hornhautradius
nC : (fiktiver) Brechungsindex der Hornhaut
ref : Zielrefraktion
dBC : Scheitelabstand zwischen Hornhaut und Brille
d : optische Vorderkammertiefe
L : Achsenlänge
n : Brechungsindex von Kammerwasser und Glaskörper (1.336)

Während die zugrundeliegende Physik (geometrische Optik dünner Linsen) und damit auch die den Sachverhalt beschreibende Formel bei nahezu allen populären Autoren dieselbe ist, liegen die Unterschiede in den verschiedenen Bedeutungen und numerischen Werten, die den einzelnen Formel-Parametern zugemessen werden.

Für die 'Berechnungsweise nach HAIGIS' gilt zum einen:
nC = 1.3315
dBC = 12 mm
L : Ultraschall-Meßwert für die Achsenlänge

Zum anderen wird die optische Vorderkammertiefe d regressiv aus präoperativen akustischen Meßwerten bestimmt:

              d = a0 + a1 VKpr + a2 ALpr                        (2)

     mit     a0 = ACD-Konst - a1 MW(VKpr) - a2 MW(ALpr)         (3)
VKpr : präoperative Vorderkammertiefe (Ultraschall-Meßwert)
ALpr : (=L) präoperative Achsenlänge (Ultraschall-Meßwert)
MW(..) : Mittelwerte für VKpr (=3.37) mm und ALpr (=23.39) mm
ACD-Konst : ACD-Konstante des Herstellers

Die Berücksichtigung präoperativer biometrischer Meßwerte bei der Herleitung der postoperativen 'Vorderkammertiefe' wurde 1983 erstmalig von LEPPER & TRIER beschrieben.

Der Zusammenhang zwischen der ACD-Konstanten und der A-Konstanten A-Konst, die vom Hersteller zur Charakterisierung einer Intraokularlinse angegeben werden, ergibt sich dabei durch [RETZLAFF et al, 1990]:

A-Konst = (ACD-Konst + 68.747) / 0.62467

Während die Konstante a0 über (3) direkt mit der ACD-Konstanten des Herstellers zusammenhängt, gelten für a1 und a2 folgende Standardwerte: a1=0.4, a2=0.1 [HAIGIS, 1995]. Diese Parameter lassen sich durch Analyse postoperativer Refraktionsdaten optimieren. Dabei wird für jeden Patienten berechnet, mit welchem Wert d sich die tatsächlich erreichte postoperative Refraktion aus (1) ergibt. Die so erhaltenen individuellen optischen Vorderkammertiefen werden nach (2) mit den präoperativen Ultraschall-Meßwerten für Vorderkammer und Achsenlänge korreliert, woraus sich direkt die optimierten Konstanten a0, a1 und a2 ergeben. Diese Fitparameter sind für jede Linse verschieden, so daß sie als unabhängige Konstanten zur Charakterisierung einer gegebenen Intraokularlinse geeignet sind.


Literatur

GERNET H, OSTHOLT H, WERNER H: Die praeoperative Berechnung intraocularer Binkhorst-Linsen. 122. Vers. d. Ver. Rhein.-Westfäl. Augenärzte. Balve, Verlag Zimmermann. S. 54-55, 1970

GERNET H: persönliche Mitteilung, 1998.

HAIGIS W: Strahldurchrechnung in Gauß'scher Optik zur Beschreibung des Systems Brille-Kontaktlinse-Hornhaut-Augenlinse (IOL), 4. Kongreß d. Deutschen Ges. f. Intraokularlinsen Implant., Essen 1990 , hrsg.v. K Schott, KW Jacobi, H Freyler, Springer Berlin, 233-246, 1991

HAIGIS W: Biometrie, in: Jahrbuch der Augenheilkunde 1995, Optik und Refraktion, Kampik A (Hrsg), Biermann-Verlag, Zülpich, 123-140, 1995

HAIGIS W: Einfluß der Optikform auf die individuelle Anpassung von Linsenkonstanten zur IOL-Berechnung. In: 9. Kongreß d. Deutschen Ges. f. Intraokularlinsen Implant., Kiel 1995 , hrsg.v. R Rochels, GIW Duncker, Ch Hartmann, Springer Heidelberg, 183-189, 1996

LEPPER RD, TRIER HG: Refraction after intraocular lens implantation: Results with a computerized system for ultrasonic biometry and for implant lens power calculation, Doc Ophthal Proc Ser 38:243-248. Junk, The Hague, 1983

RETZLAFF J, SANDERS DR, KRAFF MC (1990): Lens Implant Power Calculation - A manual for ophthalmologists & biometrists, 3rd edition, Slack Inc, Thorofare NJ, USA

SANDERS DR, RETZLAFF J, KRAFF MC: Comparison of the SRK II formula and other second generation formulas. J Cataract Refract Surg 14: 136-141, 1988

(C) W.Haigis. Letzte Änderung: 07.12.98


Zurück zur IOL-Berechnung